Natürliche Hefe ganz einfach züchten
Wer gerne Brot backt, aber keinen Zugang zu industriell hergestellter Hefe hat – sei es aus geografischen, gesundheitlichen oder nachhaltigen Gründen – kann seine Hefe ganz einfach selbst herstellen. Gerade für Menschen, die auf die konstant verfügbare Hefewürfel verzichten möchten, ist dies eine wunderbare Alternative. Die Grundlage dieses Prozesses ist das sogenannte Hefewasser, ein natürlich fermentiertes Getränk, das durch den Einsatz von Obst oder Gemüse sowie Wasser entsteht und als Triebmittel beim Backen verwendet werden kann.
Warum Hefewasser?
Hefewasser ist eine natürliche Methode, um wilde Hefen aus der Umgebung und der Schale von Obst oder Gemüse zu kultivieren. Diese Hefen sind überall in der Natur vorhanden und wurden schon im Mittelalter für das Backen genutzt – lange bevor industrielle Hefe produziert wurde. Der Vorteil: Man benötigt lediglich ein paar einfache Zutaten, etwas Geduld und ein hygienisches Vorgehen.
Zutaten
- Ein gut verschließbares Glasgefäß (mind. 500 ml)
- Reifes, unbehandeltes Bio-Obst oder Gemüse (z.B. Datteln, Rosinen, Apfelschalen, Feigen, Karotten)
- Stilles Mineralwasser (ohne Kohlensäure)
- Optional: ein Teelöffel Honig oder Zucker als Nahrung für die Hefebakterien
- Ein Sieb oder Filtertuch
- Ein sauberes Tuch oder Küchenpapier als luftdurchlässiger Verschluss
- Gummiband oder Bindfaden
Zubereitung
Vorbereitung des Gefäßes: Um sicherzustellen, dass keine unerwünschten Bakterien oder Schimmelpilze den Fermentationsprozess stören, sollte das Glasgefäß gründlich sterilisiert werden. Bringt dazu Wasser in einem großen Topf zum Kochen und legt das Glas samt Deckel für etwa 10 Minuten hinein. Danach vorsichtig entnehmen (am besten mit einem sauberen Holzlöffel oder einer Zange) und auf einem sauberen Küchentuch abkühlen lassen. Achtung: Verbrennungsgefahr! Tragt Handschuhe oder verwendet Küchenzangen.
Die Wahl des richtigen Obstes oder Gemüses: Verwendet unbedingt biologisch angebautes, ungespritztes und ungeschwefeltes Obst oder Gemüse. Schwefel und Pestizide hemmen die Hefebildung oder verhindern sie vollständig. Besonders gut geeignet sind:
– Getrocknete, ungeschwefelte Datteln oder Rosinen
– Bio-Apfelschalen (auch als Resteverwertung)
– Frische Feigen
– Karottenstücke
– Reife Trauben
Tipp: Reifes, süßes Obst liefert besonders schnell Ergebnisse, da der Zucker den Hefepilzen als Nahrung dient.
Füllen des Gefäßes: Gebt etwa eine Handvoll Obst oder Gemüse in das Glas und füllt es mit stillem Mineralwasser, sodass alles gut bedeckt ist. Leitungswasser kann funktionieren, sollte aber nicht gechlort sein – Chlor tötet Hefebakterien ab. Optional könnt Ihr einen Teelöffel Honig oder Zucker hinzufügen, um die Gärung zu beschleunigen.
Abdecken und Lagern: Das Glas wird nun mit einem luftdurchlässigen Stoff abgedeckt – ein Küchentuch, Mulltuch oder sogar ein Kaffeefilter funktioniert gut. Fixiert es mit einem Gummiband. Achtet darauf, dass das Hefewasser täglich mit frischer Luft versorgt wird, aber gleichzeitig vor Insekten geschützt ist.
Stellt das Glas an einen warmen Ort, idealerweise bei 25–30 °C. Die Küche oder ein Fensterbrett mit indirekter Sonneneinstrahlung eignet sich hervorragend. Direkte Sonneneinstrahlung ist nicht notwendig, aber leichtes Licht kann den Gärprozess fördern.
Tägliches Pflegen: Einmal täglich sollte das Glas vorsichtig geschüttelt oder umgerührt werden, damit sich die Mikroorganismen gleichmäßig im Wasser verteilen und das Obst nicht an der Oberfläche austrocknet oder schimmelt. Wenn das Obst nach oben steigt, einfach wieder leicht nach unten drücken oder ggf. etwas Wasser nachgießen.
Beobachtung des Gärprozesses: Nach etwa 3 Tagen zeigen sich die ersten Anzeichen der Gärung: kleine Bläschen steigen auf, manchmal bildet sich ein leichter Schaum auf der Oberfläche. Das sind gute Zeichen – die Hefen sind aktiv. Der Geruch sollte angenehm fruchtig-säuerlich sein, niemals muffig oder faulig.
Fertigstellung nach etwa 5 Tagen: Sobald der Schaum verschwindet und das Hefewasser einen leicht säuerlichen, frischen Geruch entwickelt hat, ist die Fermentation abgeschlossen – meist nach 4 bis 6 Tagen, je nach Temperatur und Zutaten. Jetzt ist das Hefewasser einsatzbereit.
Abseihen und aufbewahren: Gießt das fertige Hefewasser durch ein feines Sieb oder Tuch in ein neues, sauberes Gefäß. Die festen Bestandteile (Obststücke) könnt Ihr entsorgen oder kompostieren. Das fertige Hefewasser kann nun direkt zum Backen verwendet werden oder in einem gut verschlossenen Behälter bei Raumtemperatur gelagert werden.
Persönliche Tipps
Wichtig: Nicht im Kühlschrank aufbewahren, da die Hefekulturen bei niedrigen Temperaturen inaktiv werden oder sogar absterben können. Haltet die Hefe „am Leben“, indem Ihr sie regelmäßig füttert (mit Zucker oder weiterem Obst) und gelegentlich frisches Wasser hinzufügt.
So verwendet man Hefewasser
Das Hefewasser dient als flüssiger Vorteig. Ihr könnt es direkt mit Mehl vermischen, um Brotteig anzusetzen. Je nach Rezept ersetzt Ihr einen Teil der Flüssigkeit im Teig durch das Hefewasser. Eine übliche Vorgehensweise ist, aus dem Hefewasser zunächst einen „Starterteig“ oder Vorteig herzustellen (z. B. 100 ml Hefewasser + 100 g Mehl, 8–12 Stunden gehen lassen), bevor der Hauptteig angesetzt wird.
Zusätzliche Hinweise
Achtet während des gesamten Prozesses auf Sauberkeit, um Kontamination zu vermeiden.
Wenn das Hefewasser übel riecht, verschimmelt oder schleimig ist: sofort entsorgen.
Wer regelmäßig backt, kann Hefewasser wie einen Sauerteig-Starter weiterführen und „füttern“, um dauerhaft eigene Hefe vorrätig zu haben.
Mit ein wenig Übung wird das Herstellen von Hefewasser zur unkomplizierten Routine – ganz ohne gekaufte Hefe aus dem Supermarkt. Eine nachhaltige, natürliche und ursprüngliche Methode, die nicht nur Spaß macht, sondern auch wunderbare Ergebnisse beim Backen liefert!